Ich war irgendwie den ganzen Tag unterwegs, so wie ich seit zwei Wochen kaum einen Abend oder eine Nacht zuhause verbringe, geschweige denn den Tag. So viel los, so viel Input. Quasi Reizüberflutung. Ich will das ja auch so. Ich will Menschen um mich haben, ich will Dinge erledigen und erleben, allein wegen des "Gut so, Biggi!"-Gefühls am Ende des Tages.
Bis heute hat das auch wunderbar geklappt. Nachdem mir gestern klar wurde, dass der heutige Tag 12 Stunden umfasst und sich meine Kommunikation mit Freunden auf "Sorry, dass ich so kurz angebunden bin. - Ja - Nein. Ciao!" begrenzte und ich manchen Fragen gar nicht mehr folgen konnte, habe ich mir fest vorgenommen, zusammen mit dem Tasche-in-die-Ecke-feuern auch den Alltag abzulegen und mich auszuruhen. Irgendein Idiot - Ich vermute, ich war's - brüllte dann ziemlich vernehmlich: "Ey, aber Du hast doch noch Zeit, mit dem Lernen für Deine mündliche Prüfung anzufangen." Leider konnte ich diese Stimme nicht ignorieren .... 2 Stunden habe ich es also leisegelernt, dieses Pflichtbewusstsein.
Dann setzte ich mich samt Kippe auf mein Sofa vor meinen TV und ....
das Pflichtbewusstsein ratterte weiter. Und weil ich es so verdammt gut kenne, wusste ich, dass ich es nur still kriege, indem ich etwas von meiner inneren To-Do-Liste abarbeite.
Gesagtgetan. Und um zu vermeiden, dass es weiter ruft und Neues von mir verlangt, an diesem Montagabend, habe ich, so ganz vorbildlich, beschlossen, mich mir zu widmen und den Strom niederzuschreiben, unter dem ich gerade stehe.
Nach Hause kommen finde ich aktuell auch alles andere als reizvoll. Ich lebe auf einer Baustelle. In meinem Flur herrschen schätzungsweise 50 Grad wegen dieses Ganzkörperföns, der die Reste des Wasserschadens vom Mai beseitigen soll. In meiner Wohnung gehen dicke und unangenehme Bauarbeiter und Hausverwalter ein und aus, die der Mär erlegen sind, Studenten sind immer da und haben immer Zeit. Die können wahlweise morgens um 7, mittags um 1 oder nachmittags um 16:30 strammstehen, und das total spontan. Im Idealfall betrifft das den präzisen Zeitraum 7 - 18 Uhr.
Morgen also kommt Herr L., der Hausverwalter, in unsere Wohnung; wir sind beide nicht da und mussten unseren Schlüssel bei einem Nachbarn deponieren. Mit dem Wasserschaden haben wir quasi unsere Intimsphäre aus der Bude gespült. Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich mir das mit dem Erwachsenwerden nochmal überlegt....
Neben Referatenmündlichenprüfungenbabysittenundbürokram ist dann da noch mein neuer alter Studentenjob in dem hiesigen Ticket- und Veranstaltungsdingsbums. Die Kollegen sind genial (Sie nehmen meine Veränderung wahr, wundern sich, wo die ernste und spießige B. von vor 2 Jahren geblieben ist. Als dann P. meinte "Du wolltest damals immer gleich nach Hause" war ich echt schockiert von dieser B., die ich angeblich mal gewesen sein soll), das Arbeitsklima auch. Über Kunden, die mich als Schlampe bezeichnen oder hübsche, junge Männer, die mich wahlweise zu Udo Jürgens oder Roland Kaiser einladen wollen, lässt sich so grundsätzlich streiten, liefern mir aber zumindest regelmäßige Lacher und Anekdoten.
Irgendwo dazwischen stecke dann doch auch noch ich.
Ich habe da so eine ganz wunderbare Freundin, die in mir Ambivalenteres nicht auslösen könnte: Sie schlägt mich und sie küsst mich. Sie sagt mir in aller Ehrlichkeit und unumwunden, was sie denkt. Von dem, was ich schreibe, was ich sage, wie ich bin, wie sie mich empfindet. Sie sagt mir das auf den Kopf zu. Aber was sie da sagt, stimmt. Es ist ehrlich. Was sie da sagt, zeigt mir, dass sie mich kennt, dass sie sich mit mir auseinandersetzt und dass sie mir, auf ihre Weise, helfen will. Und: Sie hilft tatsächlich.
Aktuelle Lektion: Die mehrdimensionale Biggi. - Theorie.
" Die ausgeflippte Sonnenscheinbiggi angelt sich Kerle, die eigentlich anderen gehören. Also solang du dein ausgeflipptes Sonnenscheinimage pflegst, kannst du alles haben. Aber was ist mit den anderen Biggis, die in dir stecken? Welche Erfolgserlebnisse hast du mit denen? Welche Kerle lassen ihre Freundin stehen, für die ruhige, nachdenkliche Biggi? [...] Und dann denk ich an die biggi, die aus tschechien wiederkam und dort auch massenhaft kerle hatte, aber damit alles andere als glücklich war. Du bist die Jägerin auf der Jagd und diesen Status kannst du nur unter aufbringung großer Kräfte halten. Nur die quirlige Sonnenbiggi ist da unterwegs. Und dann les ich: ich will nicht mehr die Sonnenbiggi sein, will auch mal die nachdenkliche Biggi sein. Und da zähl ich dann eben eins zu eins zusammen und will dir meine beobachtungen mitteilen. Weil ich denke, dass du in all der Partylaune übersiehst, dass du dich selber aushöhlst und betrügst."
Als ich gestern mit J. diese Nachricht las, musste ich gegen die Wirkung ihrer Worte stark ankämpfen. Im Kino bei "Dein Weg" kullerten die Tränchen sicher nicht nur wegen des grandiosen und berührenden Films .... v.a. wahrscheinlich wegen der Wahrheit der Worte, die diese wunderbare Freundin da so treffend mir um die Ohren gehauen hatte.
Aktuelle Lektion: Die mehrdimensionale Biggi - Praxis.
Kaum, dass ich da was Neues gelernt hatte (oder es vielleicht auch vorher schon wusste, nur nicht so richtig in die Tat umsetzen wollte), bot sich mir die perfekte Gelegenheit, das auch gleich mal anzuwenden. F., Du mögest mir verzeihen, dass Du mein Auserwählter warst, an dem es galt, das Exempel zu statuieren.
"weeste, das hat jetzt nichts mit liebe oder irgendnem verklärten romantik-gelaber zu tun. aber ich hab derzeit wenig lust, mich als die sexy biggi zu geben (die rolle einzunehmen), mit viel energie und unstillbarer lust nach sex, schönem körper und ohnehin endlos perfekt. ich bin gerade mehr so die gestresste biggi, die in der tat ihre mitte sucht und mit ihrem leben schon so ausgefüllt ist, dass mich die "sex-rolle" nur auslaugt. will sagen: klar sehn ich mich nach nähe und sex und so ... (manchmal), aber das mit einem mann, der alle seiten von mir sehen will. ich red da jetzt immer noch nicht von liebe, aber ich will nicht auf das eine reduziert werden. wenn du verstehst. sorry für den langen lex, ich hatte das gefühl, das mal sagen zu müssen. (ich weiß, dass es geht...so eine "mehrdimensionale" konstellation)"
Ham wer uffjeräumt für heute.
Herrje, war das wieder intim.
Susi, Dich vermiss ich heut am allermeisten. |
Yop, das war im Team. Oberflächlich betrachtet ein Malkavian. Tiefer gehend ... durchaus nachvollziehbar.
AntwortenLöschenAnders als intim kann ich nicht. Wenn ich an der Oberfläche bleibe, merk ich ganz schnell, dass ich das nicht bin; nichts mit mir anfangen kann.
AntwortenLöschenMalkavian musst ich wikipediaen :)
Das ist auch eine Eigenschaft, die dich als Mensch und Bloggerin interessant macht. Anders könntest du schon, nur du möchtest (momentan) nicht anders. Du kannst alles sein, was du willst.
AntwortenLöschenDa muss ich mich gleich mehreren reflektierenden Fragen hingeben ... Verschreckt (meine) Offenheit (Ehrlichkeit)? Macht mich das interessant, wenn ja, warum ...?Ehrlich gesagt habe ich insbesondere bei diesem Post lange überlegt, ob ich den so veröffentliche. ... Danke Dir, Thomas, für Deine Worte!!! Referiert ganz besonders gut auf mein aktuelles Dilemma, über welche Rollen / Handlungsalternativen ich so verfüge ... ;)
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