Dienstag, 24. Juli 2012

Klarer Fall von Realitätsverlust

Ich bin auf 180. Und das ist wirklich selten, dass man mich wütend macht.
Okeeee, das kann sicher auch daran liegen, dass ich vieles erstmal runterschlucke, für mich behalte und mit mir ausmachen möchte (was bei zwischenmenschlichen Beziehungen, an denen mindestens zwei Personen beteiligt sind, verhältnismäßig uneffektiv ist), was wiederum darin begründet sein kann, dass ich so lange versuche, die Harmonie zu halten, bis es dann auch mir zu blöd ist.

Ausgangspunkt: Meine Mitbewohnerin. Und ihr Freund J.. Nunmehr Ex. Oder ihr Ich-brauch-ne-Pause-aber-ich-will-noch-alles-Positive-abgreifen-Lover. Oder ihr...ach was weiß denn ich.
Vor 3 Wochen trennte sie sich von ihm. Was von nun an bedeutete, dass sie kaum zuhause war (ihre WG-Pflichten, die sie eh nicht so ernst nahm, nun gänzlich ignorierte), oder J. Sturm klingelte, mich über FB anschrieb, und jeden Tag aus 200 km Entfernung zu uns kam, vor der Tür stand und reden wollte. Darüber hinaus fanden sich bei ihr unzählbar viele rote Rosen, ein Gutschein für Piercings (gegen die er eigentlich immer war), seitdem die beiden getrennt sind, gehen die ständig essen, er macht offenbar auf Arbeit blau, fährt einfach so zu ihrer Mutter, weil er weiß, dass sie an dem Wochenende Geburtstag hat, kauft Sachen für die Katzen (tiiiief durchatmen, Biggi, tiiiiiiief, und jetzt weiteratmen. Ja, genau!), nächtigt vor unserer Haustür.

Heute nun der Super-Gau. Nachdem ich gestern von C. erfahren hatte, dass J. noch immer über einen Wohnungsschlüssel verfügt, habe ich so in allgemeiner Weisheit, die ich mir als 26jährigen und Beziehungserprobten durchaus zusprechen kann, irgendwas von Konsequentsein gefaselt und in dem Zusammenhang erwähnt, dass man dem frischen Ex-Partner als erstes ja wohl mal den Schlüssel zur Wohnung abnimmt. Fadammt!

Heute. Ich stehe halbnackt in der Wohnung, trällere fein zu "Of monsters and men" mit (der Titel ist zynisch), erfreue mich des Lebens, dass ich mich gleich mit Fatja und Shila treffe und mich außerdem darum kümmern kann, dass morgen mein Ersatzteil wieder eingesetzt wird (mein Piercing....), als die Wohnungstür aufgeschlossen wird. Ich werfe mir schnell was über, denke mir, C. ist aber früh dran, als plötzlich J. durch meine Tür lukt, nachdem er alle anderen Zimmertüren geöffnet und reingelinst hat. Ich gucke ihn einigermaßen entgleist an, er stammelt nur ein "Ich wollt mal gucken" (???), ich mach die Tür wieder zu und atme durch. Hin- und hergerissen zwischen Ich werd jetzt zur Furie und schmeiß ihn raus und Das is Cs. Ding schreibe ich ihr.
Ihre Antwort "Lass ihn. Ich red mit ihm."
Meine Antwort "Nimm ihm den Schlüssel ab. Wenn ihr getrennt seid, will ich ihn nicht in meiner Wohnung. Bei allem Verständnis für Deine Situation: Ich will das nicht." -
Ich verkrümel mich ins Bad und versuche, meiner Wut irgendwie Luft zu verleihen, denke mir, vielleicht sollte ich ihn doch rausschmeißen, oder ich hol die Polizei ... nehme ich ganz schnell Reißaus und habe mich von dem Schreck echt lange nicht erholt.
Beim netten Plausch mit Crazy beim Piercer komme ich so langsam wieder zu mir und Fatja und Shila bestätigen mich schließlich darin, dass ich unbedingt zu J. irgendwas sagen sollte. Dass das auch meine Wohnung ist und solange das der Fall ist, kann er da nicht einfach auftauchen.
Gerade den genialen Macadamia-Shake ausgeschlürft, als ich bei einem Blick auf mein Handy (nicht immer gut für's Herz und den allgemeinen Gemütszustand, dass man so immer erreichbar ist) sehe, dass mir J. geschrieben hat. Ich solle ihn anrufen. Die beiden hätten sich ausgesperrt [...], wo ich bin, sie seien im Piercingstudio [Aha???]. Da das eh auf meinem Heimweg liegt, als hin da und: Viele lustige Leute, die sich piercen lassen, nur nirgendwo das Meine-Mitbewohnerin-soll-unbedingt-die-volle-Dröhnung-unseres-Beziehungstheaters-mitkriegen - Paar. Ich rufe also an, krieg die Info, sie seien vor unserem Haus. Grrrr. Als ich das dann erreichte, waren sie da auch nicht. Mama Biggi informiert dann schließlich via SMS, dass sie dann jetzt heeme sei, und ihre beiden Kinderchens gern klingeln könnten.
Kurze Zeit später klingelts, ich merke, wie mein Blut kocht, als die beiden reingetrabt kommen und J. mit einem Paket für mich in der Hand. Der hat doch echt die Dreistigkeit, ein Paket anzunehmen, während er sich in einer fremden Wohnung aufhält???! Und dann kommt der in mein Zimmer getrabt, ganz unschuldig, mit einem Gesicht, das sagt "War nett von mir, oder?". Auf Cs. Frage, ob das das für die Katzen sei, kann ich nur noch im Ton sehr unkontrolliert antworten, und dann fasse ich mir ein Herz: J. währenddessen brav im Zimmer so versteckt, dass er die sonst so nette Mitbewohnerin nicht wütend sieht. So nach dem
Motto, wenn sie mich nicht sieht, kann sie mich auch gar nicht meinen.
"Hey Ihr", sag ich, "das geht so nicht. Wenn Ihr getrennt seid, will ich nicht, dass J. einfach so in meiner Wohnung steht. Mir ist das egal, wie Ihr das mit dem Schlüssel klärt, aber ich will das nicht. Es kann nicht sein, dass Dein Ex auf einmal in meiner Wohnung auftaucht, ohne dass ich was weiß."
C. "Jaja, wir machen das schon."

Na, ich bin gespannt.

Ey, na klar, bei meiner ersten Trennung war ich auch mehr damit beschäftigt, meinen frisch getauften Ex-Partner zu trösten, als meinen ursprünglichem Vorhaben Taten folgen zu lassen. Ich bin zweimal zu ihm an die Ostsee gefahren, um mit ihm Schluss zu machen, und jedes Mal bin ich unverrichteter Dinge wieder abgehauen. Dafür habe ich in den Tagen genau die Menge an Tränen geweint, die die Ostsee so salzig gemacht haben, wie sie jetzt ist .... In der Zeit, als Trennung zur Debatte stand, hat er mich mit Geschenken und Versprechungen überhäuft, wollte eine absolute Kehrtwendung machen, weg von den bisherigen Prinzipien, hin zu absoluter Aufopferung. Aber wenn ich sage, Junge, ist Schluss, nehm ich ihm den Schlüssel ab, verbiete ihm, zum 100sten Mal in meiner Wohnung / auf Arbeit / bei meinen Eltern aufzutauchen, und, vor allem, nehme ich keine Geschenke von ihm an! Dann schieb ich ihn samt Piercinggutschein wieder aus meiner Wohnung heraus, egal, wie sehr ich die Piercings eigentlich will, und gehe nicht mit ihm (wie heute geschehen!) in eben dieses Studio und lass mir sein Geschenk in Ohr, Nase und was weiß ich nicht wo stechen!

Wenn ich meiner Oma früher zum wiederholten Male mitgeteilt habe, dass es den Maximilian / Marcus oder Benjamin nicht mehr in meinem Leben gibt, schaute sie mich immer ganz entsetzt an mit den Worten "Die jungen Leute machen immer viel zu früh Schluss. Die geben immer viel zu schnell auf und gehen zum nächsten.". Mag sein, Oma, dass Du das so siehst. Aber was ich daran so wichtig finde, ist die Konsequenz. Wenn ich spüre, dass ich den nicht mehr liebe, halte ich ihn nicht hin, lass mich nicht beschenken und entfache damit immer wieder auf's Neue seine Hoffnungen. Schluss ist Schluss. Unsereiner, also die Leute meiner Generation [XD] mit mehr Erfahrungen aus der Reihe "Trennungen, Liebe, Beziehungen und andere Katastrophen" (ok, war jetzt so kreativ nicht), leiden zwar auch, aber die Welt geht nicht unter. Und vor allem: Zieht man einfach seine Mitbewohner da nicht mit rein! Fadammt!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen