Sonntag, 3. Juni 2012

Kompetenztraining

Mit Verlaub. Meine Wochenenden hatten auch schon mal besser angefangen. Aber ich hab das hiesige, heute endende Wochenende davon überzeugen können, aus dem schlechten Start das beste zu machen. Und ich kann sagen: Es ist mir gelungen.

Ich habe neue Haare (diesmal ohne Helm), ein neues rotes Kleid (lalalalalala), zwei neue Muschis und quasi-neue Eltern.

Bärbel und Maggy werden Anfang Juli bei uns einziehen. Jojo und ich mussten Colles Wunsch Tribut zollen und einer der beiden einen süßen Namen verpassen (= Maggy). Schließlich konnten der Mann im Haus und ich unsere Vorliebe für moderne, altdeutsche (AHHH, ein Paradoxon. Oder so.) Namen frönen und Bärbel Bärbel taufen. Bärbel ist frech, kommunikativ und von starkem Bewegungsdrang geprägt. Ihre Krallen und mein Blazer haben sich jedenfalls gut verstanden.



Ich fürchte, ich werde in den nächsten ... Jahren ... einiges über Katzenklos, Kinderkrankheiten und quietschende Verzückung über kleine Tiere schreiben.

*

Gestern war Stadtfest.  Auf dem Stadtfest tummelt sich alles, was gut anzuschauen ist und auch das, was sonst nicht raus darf. Inspiriert von Fatjas Begegnung in der Straßenbahn erinnerte ich mich an ein eben solches Ereignis, welches zum Fremdschämen perfekt geeignet ist.
S. und ich sitzen in der Straßenbahn. Die hiesigen Straßenbahnen sind mit einem Knopf im Eingangsbereich ausgestattet. Der Knopf ist für Kinder Mütter mit Kinderwagen oder Behinderte, also auf jeden Fall für Menschen, die zum Aussteigen ein wenig mehr Zeit brauchen und mit dem Knopfdruck signalisieren, dass die Türen länger geöffnet bleiben sollen. Die Knöpfe blinken so schön. Sie sind also auch wunderbar geeignet für Kinder. 
Haltestelle. Die Tram hält gefühlte 5 Minuten. Zu lange jedenfalls. Die Tür bleibt offen und macht keine Anstalten, sich zu schließen, zu bimmeln oder irgendwie auf ein Hindernis aufmerksam zu machen. Genau gegenüber drei Gören. Für die Kinderlieben und Kinder-sind-das-Wertvollste-auf-der-Welt-Denker unter uns: Genau gegenüber fanden sich 3 wohlerzogene, niedlich anzusehende Jungs. S. und ich saßen neben ihnen und konnten das Spiel beobachten. Die Jungs hatten große Freude am Knöppedrüggn, also ich meine, sie erkundeten ihre Umwelt. Die wollen doch nur schbiiiehln! Ein Narr, der zwischen der verharrenden Straßenbahn und den Süßen einen Zusammenhang herstellt.

Zu den 3 Jungs gehört eine Mutter. Eine Schabracke. (Entschuldigung!) Zu ihr gehörte auch ein Vater. Die beiden jedenfalls saßen weit genug von den Kindern entfernt, um als Erziehungsberechtigte ausgemacht werden zu können (Man ist ja auch immer wieder erstaunt, dass sich sowas fortpflanzen....eijeijei).
Während ich in einer Mischung aus Genervt sein, Neugierde und Abscheu zu S. murmelte, dass wir uns nicht mehr von der Stelle wegbewegen würden, solange die Eltern ihre wertvollen Kinder nicht vom Spielen abha.....da knallte es von hinten und der Straßenbahnführer kündigte sich schnaubend an, bestieg wutentbrannt das Corpus-deliciti-Abteil und ... sagte nichts. Eine Mischung aus Unsicherheit im Umgang mit eigener Wut und Durchsetzung seiner Interessen ließ ihn sehr inkompetent erscheinen. Mein erster Gedanke war: "Oh Gott, der schubst die." Tatsächlich fasste er sie an ... Er schob die Jungs vom besagten Knopf weg, brubbelte in der Zeit irgendwas von "Könnt Ihr das mal lassen?" und "Zu wem gehören die hier bitte?"

Die Schabracke  Mutter guckte unschuldig hoch, markierte stolz die wohlgeratenen Jungens als die ihren. Es begann ein reger Austausch zwischen Straßenbahnführer und Erziehungsberechtigter über den Umgang mit Kindern und leider, leider, leider, war der Straßenbahnmann so überhaupt nicht souverän. Er behauptete, man müsse auf seine Durchsage achten und diese befolgen (Es gab keine) und dass es kein Wunder sei, dass die Frau ihn nicht gehört hätte, sie hätte ja was in den Ohren. Außer einem Haufen Metall hatte sie dort aber tatsächlich nichts.

Genauso wutentbrannt, wie er ankam, verließ er uns auch wieder, um eine Spur unsouveräner. Nun ging zwischen den beiden Erzeugern ein heiterer Austausch los, wie man denn nur so mit den Goldkindern umgehen könne, es folgten wüste Beleidigungen des nun nicht mehr anwesenden Straßenbahnmenschen, in den sich dann irgendwann eine junge Frau einmischte, die meinte, dass man als Eltern ja irgendwie schon Verantwortung dafür hätte, bei aller freier-Entfaltungs-Liebe, wo die Kinder so rumlaufen und was sie machen. Diese, zugegebenermaßen wirklich revolutionäre Erkenntnis, traf die beiden fürsorgenden Eltern wie ein Schlag, auf dass sie die junge Frau mit "fette Schlampe" beschimpften und ... an unserer Haltestelle ebenso die Bahn verließen.

S. und ich durften dem anregenden und beileibe konstruktiven Austausch der Eltern mit ihrer Horde noch eine Weile lauschen, bis ich feststellte, dass die ebenfalls neuen Schuhe an allen Stellen drückten und rieben. Ich humpelte. S. fand das lustig. Schließlich forderte ich lautstark Mitgefühl ein:"S. Auch Frauen mit Behinderungen haben ihre Daseinsberechtigung."
In diesem Augenblick entdeckte ich die alte Dame in Hörweite vor uns, die sich gebückt und gestützt auf ihrem Gehstock den Weg entlang quälte, .....




So viel dazu. 





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